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Die nächste Sammelabschiebung nach Afghanistan soll nach Informationen des Bayerischen Flüchtlingsrates und anderen Flüchtlingsunterstützern am 18. Februar stattfinden. Informationen über den möglichen Startflughafen lägen aber bisher nicht vor. –

Aber die Verbreitung einer solchen Mitteilung soll in Zukunft verboten werden, so will es jedenfalls das Bundesinnenministerium. Das, so teilte die taz am Mittwoch (6.2.19) mit, stehe in einem Referentenentwurf des „Zweiten Gesetzes zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht“, auch „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“ bekannt. Der sei aber noch nicht mit anderen Ministerien abgestimmt. Im Aufenthaltsgesetz ein solle Passus einzugefügt werden, der diejenigen unter Strafe stellt, die „ohne Erlaubnis der zuständigen Behörde geplante Zeitpunkte oder Zeiträume einer bevorstehenden Abschiebung veröffentlichen, an einen unbestimmten Personenkreis gelangen lassen oder einem ausreisepflichtigen Ausländer mitteilen.“ Explizit gelte das auch für die Verbreitung in sozialen Netzwerken oder in einem geschlossenen Newsletter, Beratungsstellen und ehrenamtliche Flüchtlingsunterstützer – wie den Betreiber dieses Blogs. Sollte dieser Vorschlag durchkommen, drohen bis zu drei Jahren Gefängnis oder eine Geldstrafe.

Der CSU-Landesgruppenchef im Bundestag, Alexander Dobrindt, hatte die Helfer im Mai 2018 als „Anti-Abschiebe-Industrie“ bezeichnet.und damit den Wettbewerb um das Unwort 2018 gewonnen.

Der Bayerische Flüchtlingsrat bezeichnet den Entwurf als „massiven Angriff auf den Grundsatz der individuellen und ergebnisoffenen Beratung von Sozialarbeiter*innen und Rechtsanwält*innen, der ein wesentlicher Eckpfeiler des Rechtsstaats darstellt“, so die taz:

„Es ist unser Recht und unsere Pflicht, Flüchtlinge zu beraten. Das lassen wir uns auch nicht nehmen“, sagt Agnes Andrae vom Bayerischen Flüchtlingsrat zur taz. Sie ist selbst in der Einzelfallberatung tätig. „Wenn wir Informationen über geplante Abschiebungen haben, geben wir diese natürlich auch weiter. Wer Unterstützer*innen, Berater*innen, Anwält*innen und Ehrenamtliche mundtot macht, erklärt den Rechtsstaat zur Makulatur.“ (…)

Das Innenministerium setze seiner Ansicht nach mit dem Gesetzentwurf die Rhetorik Dobrindts politisch um“, meint Maximilian Pichl von der Universität Kassel im Gespräch mit der taz. Pichl ist Asylrechtsexperte, Rechts- und Politikwissenschaftler sowie ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe aktiv.

„Gerade bei Abschiebungen nach Afghanistan sind Menschenrechtsverletzungen und Bedrohungen des Lebens im Ankunftsland zu befürchten. Daher halte ich es für wichtig, wenn auf diese Abschiebungen öffentlich aufmerksam gemacht wird, um die Betroffenen juristisch zu unterstützen“, so Pichl weiter.

Weitere Kriminalisierung von Geduldeten

Der Flüchtlingsrat NRW fasst zusammen:

Zentrale Punkte des neuen Referentenentwurf sind die Ausweitung der Abschiebehaft, Verschärfungen bei Einreisesperren und deren Ausweitung, neue Arbeitsverbote, die Einführung einer sogenannten „Bescheinigung über die vollziehbare Ausreisepflicht“, Verschärfungen bei Wohnsitzauflagen, Residenzpflicht und Meldeauflagen, erhöhte Anforderungen an die Passbeschaffungspflicht sowie Verschärfungen bei der Geltendmachung von Abschiebehindernissen wegen Krankheit.

Dort findet sich auch der Referentenentwurf in voller Länge (hier).

Pro Asyl geht in seiner Stellungnahme besonders auf einen weiteren Vorschlag des Seehofer-Ministeriums ein, derzufolge „geduldeten Flüchtlingen, denen vorgeworfen wird, nicht ausreichend an der Passbeschaffung mitgewirkt zu haben, der Duldungsstatus entzogen werden“ könnte. Nach dem Entwurf sollen staatliche Leistungen und Erlaubnisse für diese Gruppe zukünftig „umfänglich an die Pflicht des Betroffenen geknüpft“ werden, „in zumutbarem Umfang selbst notwendige Handlungen zur Erlangung eines Passes oder Passersatzes vorzunehmen.“

Laut Pro Asyl sollen nun in diesen Fällen unter bestimmten Umständen Inhaftierungen im Flughafen oder in einer nahe gelegenen Unterkunft von bis zu zehn Tagen möglich sein, ohne dass ein Gericht darüber entscheidet.Pro Asyl bemängelt weiter, dass statt des bisher unter bestimmten Voraussetzungen möglichen, bis zu zehntägigen, Ausreisegewahrsams, der eine richterliche Anordnung erfordert, nun sogenannte »Reisebeschränkungen in das Inland« eingeführt werden, die diesen rechtsstaatlichen Grundsatz aushebeln würden. Begründet wird das mit vermuteter Fluchtgefahr – aber künftig solle nicht die Behörde das Vorliegen einer solchen Gefahr, sondern der/die Betroffene das Nicht-Vorliegen nachweisen – „eine Beweislastumkehr, die haftrechtlichen Grundprinzipien widerspricht.“

Die Praxis zeige aber, so Pro Asyl: Oft wird willkürlich und für die Betroffenen nicht absehbar fehlende Mitwirkung zu Passbeschaffungspflichten vorgeworfen. Dabei gibt es etliche Probleme: Zum Beispiel erhalten afghanische Staatsangehörige, die lange im Iran gelebt haben, keine Papiere mehr oder somalische Dokumente werden staatlicherseits nicht anerkannt. Abgeschoben werden können sie dann nicht, sollen aber hier mit etlichen Sanktionen bestraft werden.

Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl kritisiert den Gesetzentwurf als „inhuman und mit dem rechtsstaatlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht in Einklang zu bringen.“ Abgelehnte Asylbewerber würden darin wie Straftäter behandelt.

In der hauptamtlichen Abschiebe-und-AfD-Beschwichtigungsindustrie sitzen offenbar Leute, die ihren Lebensunterhalt damit verdienen, Menschen, die vor Krieg und dadurch verursachtes Elend geflohen sind, das Leben in unserem Land so schwer wie möglich zu machen. Ich habe den Eindruck, dass sie durch den bereits durch frühere Asylrechtsverschärfungen aufgebauten psychischen Druck auf Geflüchtete auch manch begangene Straftat mit auslösen.