Schlagwörter

, , , , ,

Kurz vor den Parlamentswahlen am Sonnabend hat ein Attentäter am Donnerstag (18.10.18) in der südafghanischen Provinzhauptstadt Kandahar der einflussreiche Polizeichef General Abdul Rasek und der Geheimdienstchef der Provinz Abdul Momin Hussainchel erschossen. Provinzgouverneur Torjalai Wisa und der Kommandeur der Polizeizone Süd General Nabi Elham wurden verletzt. Auch ein afghanischer Kameramann, Muhammad Salim Angar, starb im Kugelhagel. Der Oberbefehlshaber der NATO- und der US-Truppen in Afghanistan General Scott Austin Miller blieb unverletzt. Sie alle hatten an einem Treffen über die Sicherung der bevorstehenden Wahlen teilgenommen.

General Abdul Raseq (39), ermordet in Kandahar am 18.10.18. Foto: Tolonews.

 

Die Taleban übernehmen auf ihrer Webseite die Verantwortung für das Attentat, das von einem Mitglied der Leibgarde von Gouveneur Wisa ausgeführt worden sein soll. Allerdings änderte sich ihre Darstellung des Vorfalls über den gestrigen Abend. Zunächst berichteten sie nur, dass ein „Infiltrator“ Rasek getötet habe; in einer späteren längeren Fassung hieß es, „der amerikanische Kommandeur Miller und der brutale Kommandeur Rasek“ seien „die eigentlichen Ziele des Angriffs“ gewesen.

Associated Press zitierte den Sprecher des US-Militärs, der bei dem Treffen in Kandahar dabei war: „Rasek […] war deutlich das Ziel“, nicht US-General Miller.

Rasek war enger Verbündeter der USA, arbeitete eng mit dem US-Militär und der CIA zusammen, und UNO und Human Rights Watch (HRW; hier der Bericht) warfen ihm serielle Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen vor. Die USA kooperierten trotzdem weiter mit ihm, da sie ihn als Garanten des Schutzes der Schlüsselprovinz Kandahar vor den Taleban betrachteten. HRW spricht von „Massentötungen, Mord, Vergewaltigung, Folter, Schlägen, Verschwindenlassen, Diebstahl und willkürlichen Verhaftungen.“ Es gebe weiterhin starke Hinweise dafür, „dass Rasek selbst für extralegale Hinrichtungen verantwortlich ist.“

Rasek beherrschte zudem den offiziellen Handel sowie den Schmuggel, inklusive von Drogen, über den Grenzübergang Spin Boldak nach Pakistan, seinem Geburtsort. Rasek gehörte zum Paschtunenstamm der Azaksai, der auf beiden Seiten der Grenze lebt.

Razeks Verwicklung in Morde an Gegnern (nicht nur Taleban) und den Drogenschmuggel beschrieb der kanadische Journalist Matthieu Aikins in zwei außergewöhnlichen Reportagen, „Our Man in Kandahar“ für The Atlantic und „The Master of Spin Boldak“ für Harpers Magazine:

HarpersAikinsSpinBoldakDecember09

Aufgestiegen war Rasek unter Präsident Karsai, der in Süd-Afghanistan ein Netzwerk verbündeter Warlords unter seinem 2011 ebenfalls von einem Leibwächter ermordeten Bruder Ahmad Wali Karsai aufgebaut hatte, von denen einige ebenfalls Attentaten zum Opfer fielen, u.a. die Warlords Dschan Muhammad und Matiullah in Urusgan. Ein weiterer aus diesem Netzwerk, Scher Muhammad Achundsada, tritt morgen bei den Parlamentswahlen an.

Hier mein kurzer Kommentar, den ich gestern per Email an dpa abgab und der teilweise auf der Webseite der ARD-Tagesschau zu finden ist:

„Rasek war mehr als nur der Polizeichef von Kandahar, sondern der starke Mann in Afghanistans Süden, auf den die Amerikaner zur Sicherung der Region gegen die Taleban alles setzten. Er wird schwer zu ersetzen sein, denn es gibt keinen sichtbaren adäquaten Nachfolger. Ihm werden schwere Menschenrechtsverletzungen – u.a. der Einsatz todesschwadron-ähnlicher Milizen vorgeworfen – von den Amerikanern aber verziehen. Zuletzt war er, von Ablösung bedroht, auf Oppositionskurs zur Regierung gegangen.

Mehr bei AAN hier.

Der Artikel noch in Arbeit – also bitte später nochmal vorbeischauen.