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Immer wieder mal habe ich nach dem genauen Zitat gesucht, das oft verkürzt als „Deutschlands Freiheit wird (auch) am Hindukusch verteidigt“ wiedergegeben wird. Zuletzt fiel es mir wieder ein, als am 17. Dezember der Bundestag mehrheitlich das Mandat der Bundeswehr zur Teilnahme an der NATO-geführten (in der Praxis: US-geführten) Mission Resolute Support in Afghanistan um ein Jahr verlängerte.

(Zur Vermischung der Mandate zwischen der „Trainings“-Mission RS und der parallelen Anti-Terror-Mission Freedom’s Sentinel – beide von demselben US-General geführt und mit Truppen, die mal unter RS, mal unter FS operieren, in diesem AAN-Beitrag.)

Das namentliche Abstimmungsergebnis kann man sich beim Bundestagsradar auf der Webseite des Spiegel ansehen.

 

Das Mandat umfasst bis zu 980 Soldatinnen und Soldaten, 130 mehr als momentan. Die afghanische Regierung hatte nicht nur Deutschland um mehr Soldaten gebeten – nach dem Fall von Kunduz an die Taleban Ende September/Anfang Oktober.

Die Nachrichtenagentur dpa nannte das zutreffenderweise einen „Kurswechsel“ – der Bundestag habe den Abzug der letzten Bundeswehrsoldaten aus Afghanistan „gestoppt“ (zitiert hier).

 

Das Struck-Zitat

Jetzt habe ich es mal herausgesucht, und denke, dass hilft auch anderen Lesern.

„Unsere Sicherheit wird nicht nur, aber auch am Hindukusch verteidigt,“

Der Satz stammt aus einer vom damaligen und inzwischen verstorbenen Bundesverteidigungsminister Peter Struck (SPD) vorgetragenen Regierungserklärung der Bundesregierung vom 11. März. Sie wurde zum Thema „Die neue Bundeswehr“ (bzw Bundeswehrreform) abgegeben, nicht zum Thema Afghanistan.

Und hier der Satz im Kontext:

Die Bundeswehr des 21. Jahrhunderts nimmt Gestalt an. Die neuen Aufgaben sind identifiziert. Die konzeptionellen Grundlagen sind geschaffen, die wesentlichen Entscheidungen getroffen. Der neue Kurs ist eingeschlagen. Wir sind auf dem richtigen Weg. Die Transformation der Bundeswehr, unter der ich den umfassenden und fortlaufenden Prozess der Ausrichtung von Streitkräften und Verwaltung auf die sich auch weiterhin verändernden Herausforderungen verstehe, ist aus drei Gründen unerlässlich:

  • Die Sicherheitslage hat sich entscheidend verändert. Deutschland wird absehbar nicht mehr durch konventionelle Streitkräfte bedroht.
  • Unsere Sicherheit wird nicht nur, aber auch am Hindukusch verteidigt, wenn sich dort Bedrohungen für unser Land, wie im Falle international organisierter Terroristen, formieren. Im Übrigen wird unsere Sicherheit, um auf den Kollegen Schmidt einzugehen, auch in Hindelang verteidigt [wer diesen Seitenhieb nicht versteht, bitte im BT-Protokoll nachsehen, Link oben], ich kann allerdings gegenwärtig dort beim besten Willen keine Bedrohung unserer Sicherheit erkennen. Wir müssen Gefahren dort begegnen, wo sie entstehen. Denn sie können unsere Sicherheit auch aus großen Entfernungen beeinträchtigen, wenn wir nicht handeln. [meine Hervorhebung]

Quellen: BMVg, hier; das Bundestags-Sitzungsprotokoll dieses Tages, wo man die gesamte Debatte nachlesen kann, findet sich hier.

 

For the records: Der Dichter und Satiriker Fritz Eckenga widmete dieser Debatte das Gedicht „Freiheit und Heimatkunde, oder: Deutschlands wird immer noch am Hindukusch verteidigt“ (hier der gesamte Text). Darin heißt es u.a.:

 

Auf Veranlassung von Bush

Verteidigt man am Hindukusch

Deutschlands Freiheit, mithin Deine,

meine, Ihre und auch seine. (…)

 

Das ist nett, ich danke sehr,

allen von der Bundeswehr,

die am … äh … wie hieß die Gegend?

Ach, das macht mich jetzt verlegend…

 

Liegt das hinten oder vorn?

Haminkeln? Bei Paderborn?

Oder an den deutschen Rändern?

Etwa in den neuen Ländern?

 

(…)

Hindukusch, jetzt hab ich’s wieder!

(…)

 

alle führen es im Munde…

… ich bin schwach in Heimatkunde.

 

[Das folgende wurde am 29.8.17 überarbeitet.] Das Gedicht Eckengas finde ich zwar lustig (deshalb stelle ich es hier hin) – allerdings habe ich mich nie über Strucks Zitat lustig gemacht, auch wenn es eher eine Nabelschau-Perspektive einnimmt (nur über deutsche Interessen redend) und die Afghanen wie so häufig „vergisst“. Ich bin der Ansicht, dass sowohl Deutschlands als auch der Afghanen Sicherheit und Freiheit am Hindukusch verteidigt wird bzw verteidigt werden müsste. Wäre schön, wenn Struck es so verstanden und auch gesagt hätte.

Meine Fragen dazu lauten aber auch: nicht „ob“, sondern: Wie genau? Und: Braucht man dazu unbedingt die Bundeswehr, nach den Erfahrungen der letzten 15 Jahre? Womit wir schon wieder bei der Bundeswehrreform und dem derzeit entstehenden „Weißbuch der Bundesregierung zur Sicherheitspolitik und zur Zukunft der Bundeswehr“, der offiziellen neuen Sicherheitsdoktrin der Bundesregierung, wären…