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Aus „technischen Gründen“ (ich muss einen wichtigen Absatz wohl aus Versehen gelöscht haben) wiederhole ich hier nochmal meinen Text vom 15.12.17 („Trotz „Stacheldraht, Elektrozaun“…: Afghanen immer noch auf dem Weg nach Europa – Fälle und Zahlen (2)“). Außerdem gibt es inzwischen neue EU-Zahlen, so dass ich auch diesen Teil aktualisiert habe.

 

Die Zahlen

In den EU-Migrationsstatistiken sind Flüchtlinge aus Afghanistan in diesem Jahr bedeutend weniger sichtbar als noch 2015 und 2016. Im Gegensatz zu diesen Jahren gehören sie laut UNHCR nicht mehr zu den zehn wichtigsten Herkunftsländern der fast 163.000 Flüchtlinge an der Mittelmeerroute nach Europa (Stichtag 11.12.17), die das UNHCR 2017 registrierte. Das liegt zum einen daran, dass die Zahlen der afrikanischen Flüchtlinge stark nach oben gegangen sind (die meisten direkt aus Nordafrika nach Italien und Spanien), während das EU-Türkei-Abkommen und die Schließung der Balkanroute die meisten Afghanen an den EU-Außengrenzen zurückhält. Die Afghanen nutz(t)en zumeist die östliche Mittelmeerroute, von der Türkei nach Griechenland.

[Hier der „vergessene“ Absatz:] An dieser Route wurden 2017 vom UNHCR noch 3136 Afghanen, 11,5% der insgesamt knapp 29.000 Ankünfte, registriert (siehe hier und hier). 2016 waren es noch 41.825 (24%, hier).

Insgesamt ist die Zahl der neuen Asylanträge in Europa 2017 laut UNHCR auf 473.600 zurückgegangen (Stand Ende September; 2016: 1.236.400; 2015: 1.325.800). Darunter waren nach EU-Angaben (3. Quartal hier) im ersten Halbjahr ca 32.400 Afghanen. Wenn dieser Trend im letzten Quartal anhält, würde das Niveau dieser Zahl in etwa wieder auf dem von vor 2015 liegen, als sie niemals über 43.000 pro Jahr betrug, schreibt das European Asylum Support Office (EASO) der EU in einem Bericht (S. 46-49).

Die größten Gruppen neuer afghanischer Asylantragsteller wurden im ersten Halbjahr 2017 in folgenden Ländern registriert: Deutschland (11895), Griechenland (5610), Frankreich (4555), Österreich (2430). In der Schweiz waren es 1100, in Ungarn 1085, Schweden 960, Bulgarien 920, Belgien 630 und Slowenien 470; Großbritannien hatte 995 (nur Zahlen für das 1. und 3. Quartal vorliegend) (siehe hier und hier). In Rumänien (110), Kroatien (35), Finnland (60) und Norwegen (35) waren Afghanen im 3. Quartal erstmals wieder unter den fünf größten Ländergruppen, aber natürlich mit weitaus geringeren Zahlen als in 2015/16. Auch die Niederlande lagen wohl im dreistellingen Bereich (Quellen hier, hier und hier).

Deutschland, das größte europäische Empfängerland für Flüchtlinge allgemein und für Afghanistan im besonderen, verzeichnete nach BAMF-Angaben bis Ende November 2017 15.521 Erstanträge von Afghanen. Das waren fast 90 Prozent weniger als im Vergleichszeitraum im Vorjahr. Afghanen waren bisher 2017 – nach Syrern und Irakern – die drittgrößte Gruppe der Asylsucher (8,4%).

Im gleichen Zeitraum wurden laut BAMF über 112.109 Asylanträge von Afghanen entschieden. Die Gesamtschutzquote betrug 44,4 Prozent (100 Fälle von Anerkennung der Asylberechtigung; 17.382 Fälle von Flüchtlingsschutz; 6735 Fälle von subsidiärem Schutz und 25.579 Fälle von Abschiebeschutz). In 50.050 Fällen wurde der Asylantrag abgelehnt; weitere 7263 Fälle erledigten sich auf „sonstige“ Weise (keine deutsche Zuständigkeit; Rücknahme des Antrags o.ä.). Die bereinigte Schutzquote (ohne „sonstige“ Verfahrenserledigungen) 47,5%.

Europaweit wurde im ersten Halbjahr 2017 über insgesamt 81.200 Asylanträge von Afghanen entschieden, in 48% der Fälle positiv. Deutschland liegt damit unter dem Durchschnitt; drückt ihn aber wegen seiner hohen absoluten Zahlen. Europaweit ist das ein erheblicher Rückgang gegenüber 2015 (66%) und 2016 (56%) – siehe hier.

Hier meinen Beitrag vom 15.12.17 weiterlesen (u.a. mit Zahlen für Deutschland und zu den „festsitzenden“ Flüchtlingen in der Türkei, Griechenland, Serbien und Bulgarien).

Fazit: Die Fluchtwege für Afghanen sind gefährlicher geworden, werden aber nach wie vor beschritten. Wir kennen die Zahlen nicht, wie viele Afghanen 2017 ihr Land auf der Flucht verlassen haben, können aber anhand der weiter steigenden Zahlen der Binnenvertriebenen (IDPs), dass der Krieg – als wichtigste Fluchtursache – weiter eskaliert ist (siehe hier). Das UNHCR verzeichnete am 17.12.17 über 400.000 neue IDPs. Eine UNHCR-Untersuchung (allerdings keine repräsentative) unter ankommenden afghanischen Flüchtlingen in Griechenland 2016 hatte ergeben, dass 70 Prozent von ihnen schon IDPs gewesen waren.

Und hier auch eine aktuelle Grafik mit deutschen Zahlen: Asylanträge von Afghanen und BAMF-Entscheidungen darüber (bis einschl. November 2017). Quelle: Nicolas Chevreux, Asylgruppe Berlin.