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Das folgende kam heute per Email herein:

Ausführliche Berichte zur Sicherheits- und sozialen Lage in Afghanistan werden immer rarer. Vor allem die Bundesregierung tut sich schwer, aktuelle Informationen vorzulegen. Eine Aktualisierung ihres Berichts „zur asyl-und abschieberelevanten Lage“ ist schon fast anderthalb Jahre überfällig. Ein neuer Regierungsbericht vom März 2018 – der „Bericht der Bundesregierung zu Stand und Perspektiven des deutschen Afghanistan-Engagements“ (siehe hier) – kann dies nicht ersetzen.

Opfer des Luftschlags in Dascht-e Artschi im März 2018 werden ins Krankenhaus von Kundus gebracht. Foto: ToloNews

 

Nun liegt der Jahresbericht 2017 von EASO – dem European Asylum Support Office, einer EU-Einrichtung – auch in deutsche Übersetzung vor, dank Pro Asyl. Allerdings ist auch dieser Bericht nicht mehr ganz taufrisch, denn er deckt teilweise nur den Zeitraum von September 2016 bis Mai 2017 ab. Aber er enthält die wohl detailliertesten, öffentlich zugänglichen Informationen zu sicherheitsrelevanten Vorfällen in einzelnen Provinzen, sogar auf die Distrikte heruntergebrochen. Demzufolge ereigneten sich z.B. in Kabul – wohin die Bundesregierung weiterhin abgelehnte afghanische Asylbewerber abschiebt, da es dort hinreichend sicher für sie sei – von September 2016 bis Mai 2017 290 sicherheitsrelevante Vorfälle mit mehreren Hundert Toten. Allein im ersten Halbjahr 2017 führten diese dort zu fast 1000 Opfern.

Auf Seite 21 und 22 kann man etwas über die Polizei lesen: „Die örtlichen Strafverfolgungsbehörden sind im Allgemeinen unwirksam bei der Abschreckung von Straftaten und bei der Reaktion auf Notrufe und Alarme.“ Das hindert das BAMF, teilweise aber auch Gerichte, nicht daran, Asylsuchende darauf zu verweisen, sie mögen doch bitte Hilfe der Polizei in Anspruch nehmen.

Und weiter zur Rechtsstaatlichkeit: „Basierend auf einer Haushalts- und Expertenbefragung zur Messung der Rechtsstaatlichkeit in Alltagssituationen in Kabul, Kandahar und Herat, belegt Afghanistan Rang 111 auf einer Liste von 113 Ländern.“ Nur Kambodscha und Venezuela liegen auf dem Rechtsstaatlichkeitsindex von 2016 noch hinter Afghanistan.

Zur sozialen Lage heißt es: „Im Jahr 2018 werden 3,3 Millionen Menschen lebensrettende Hilfe benötigen. 8,7 Millionen Menschen fehlt es an grundlegenden Gütern.“ (Seite 23). In Afghanistan leben nach letzten afghanischen Angaben über 34 Millionen Menschen, deutlich weniger als die Hälfte im Vergleich mit Deutschland.

Hier zum Volltext der deutschen Übersetzung des EASO-Berichts.

Hier die englische Originalfassung.

Hier der Link zum Rechtsstaatlichkeitsindex 2016.

Und hier noch einmal ein Link zu meinem Ende 2017 aktualisierten „Konfliktporträt Afghanistan“ auf der Webseite der Bundeszentrale für politische Bildung.