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Taleban-Politik bleibt weiter höchst erratisch. Dafür spricht ein Fall, über den der britische Guardian am 18. Juli berichtete. Demzufolge hatte die Personalabteilung des Taleban-Finanzministeriums weibliche Angestellte aufgefordert, nicht mehr zur Arbeit zu erscheinen und stattdessen einen männlichen Familienangehörigen zu schicken, der ihre Arbeit übernehmen solle.

Um es gleich vorwegzunehmen: Dieser Schritt wurde offenbar wieder zurückgenommen, und zwar nach Protesten betroffener Frauen. Das meldete am 19. Juli der afghanische Sender Zan TV (Frauen-TV), der online weiter arbeitet. Auch der Guardian hatte unter Berufung auf eine der Betroffenen berichtet: “Wir akzeptieren ihre Anweisung nicht und werden versuchen, sie dazu zu bringen, sie zu ändern. Wir haben eine Gruppe weiblicher Angestellter des Ministeriums gebildet. Wir verhandeln jetzt, und wir werden demonstrieren, wenn sie uns nicht anhören.”

Selbst wenn die Taleban die Maßnahme wieder zurückgezogen haben, kann man sich nur an den Kopf greifen, wie jemand überhaupt auf eine solche Idee kommen kann. Immerhin handelte es sich – zumindest teilweise – um qualifiziertes Fachpersonal, darunter mindestens eine Abteilungsleiterin. Der Guardian sagte, die Anordnung sei von „mehreren“ Frauen in dem Ministerium bestätigt worden. Laut einer der Frauen handele es sich insgesamt um 60 Fälle. Die Begründung habe laut einer der zitierten Frauen gelautet, der Arbeitsaufwand im Büro sei gestiegen, und deshalb müsse man einen Mann anstellen.

Die Abteilungsleiterin sagte dem Guardian, die Taleban hätten sie nach ihrer Machtübernahme bereits zurückgestuft und ihr Gehalt gekürzt. Als sie sich beschwert habe, sei sie rüde abgewiesen worden.

Nach ihrer Machtübernahme hatten die Taleban viele Frauen, vor allem in der Verwaltung, aufgefordert, nicht mehr zur Arbeit zu kommen. Berichten aus dem Land zufolge können sie einmal in der Woche an ihrem Arbeitsplatz erscheinen, um sich einzuschreiben, damit sie weiter bezahlt werden. (Mein Bericht zur Arbeitssituation der Frauen in Afghanistan hier.)

Fernsehdiskussion über Mädchenschulen im afghanischen Privatfernsehen. Foto: Tolo TV.

Schleierzwang am Polytechnikum, aber…

Unterdessen berichtete die ebenfalls von afghanischen Frauen betriebene Nachrichten-Webseite Rukhshana am 18. Juli unter Berufung auf Studentinnen, dass die Taleban angeordnet haben, dass ihr Verschleierungsgebot auch am Kabuler Polytechnikum umgesetzt wird. Am 16. Juli seien die dortigen Studentinnen gewarnt worden, dass sie nicht mehr auf den Campus gelassen werden würden, wenn sie nicht eine Burqa oder eine andere Art von Hidschab tragen würden, die Körper und Gesicht bedecke. (Zu den Unklarheiten dieser Anordnung siehe mein Bericht hier.)

Auch im afghanischen Privatfernsehen wird das Taleban-Verbot weiterführenden Mädchenschulen weiterhin kontrovers debattiert, auch von Frauenrechtlerinnen und zwar mit unbedecktem Gesicht (siehe hier bei Tolo TV). Siehe auch diese Diskussion zwischen Taleban-Vizeaußenminister Abbas Stanaksai (der die Wiedereröffnung der weiterführenden Mädchenschulen befürwortet, auch in diesem Clip) und einer Lehrerin.