Schlagwörter

, , , , , ,

Nach Informationen der Linken wurde gestern im Innenausschuss des Bundestages wurde unter anderem ihr Antrag für einen sofortigen Abschiebestopp und eine dauerhafte Bleiberechtsregelung für Geflüchtete aus Afghanistan beraten (der Antrag im Wortlaut hier). Eigentlich sollte das wohl im Plenum des Bundestages diskutiert werden, war aber offensichtlich „in die Ausschüsse verwiesen“ worden. Die Linken argumentierten mit Informationen der UN, die eine weitere Verschlechterung der Lage konstatiert haben, sowie insbesondere mit den neue UN-Richtlinien des UNHCR, das für das Ziel aller bisherigen Abschiebeflüge, Kabul, „generalisierte Gewalt“ konstatiert hat, die auch die Abgeschobenen zu gewärtigen haben, und auch generell nicht mehr als „inländische Fluchtalternative“ angesehen werden könne (meine Analyse der Leitlinien hier).

Für die Bundesregierung stellte sich den Informationen zufolge der Staatssekretär des Innern auf die Position, dass die Leitlinien des UNHCR keinen verbindlichen Charakter trügen und nur „eine bloße Empfehlung“ seien. Das mag zwar der Fall sein – die UNO kann keine Regierung zu irgendetwas zwingen. Allerdings ist die Bundesrepublik Mitglied dieser Organisation und sollte deren Einschätzungen – die sie seit Jahren ignoriert, wo sie ihr nicht ins politische Konzept passen (siehe die AA-Berichte zur asyl- und abschieberelevanten Lage, hier) –, zumal die UN in Afghanistan weit besser vertreten und damit informiert ist als sie.

Trotzdem, so Seehofers Staatssekretär, sei das BAMF auch weiterhin der Auffassung, „dass Kabul als Ort internen Schutzes grundsätzlich in Betracht“ komme.

Der Staatssekretär habe eingeräumt, so die Linken, dass die UNHCR-Leitlinien von der Einschätzung des Auswärtigen Amtes abwichen und die Sicherheitslage kritischer beurteilten. Die Linken: „Er warf dem UNHCR in diesem Zusammenhang aber allen Ernstes vor, dessen Haltung sei nicht ‚stringent’, weil er die freiwillige (!) Rückkehr aus Pakistan nach Afghanistan seit Jahren finanziell unterstütze… No comment.“

Die schriftliche Antwort des BMI hier im Original:

20180917BMI-Fluchtalternative Kabul

 

Die Süddeutsche zitierte die Linken-Abgeordnete Ulla Jelpke, die diese Haltung „inakzeptabel und Ausdruck einer politisch motivierten Missachtung fachkundigen Sachverstands“ nannte.

Die Linken wiesen die Bundesregierung ferner auf eine wichtige rechtliche Verpflichtung hin, nämlich dass sie und das BAMF nach § 3e Asylgesetz bei der Frage der Einschätzung interner Schutzalternativen verpflichtet sind, „genaue und aktuelle Informationen aus relevanten Quellen, wie etwa Informationen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge oder des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen einzuholen“. (Okay, leider heißt es nur „einzuholen“ und leider nicht, diese auch ernst zu nehmen und sie zum maßgebliches Element ihrer Einschätzungen zu machen.

Die Linken wiesen SPD-Mitglieder im Ausschuss darauf hin, dass sie sich ins Wahlprogramm geschrieben hatte: „Da die Sicherheitslage in Afghanistan kein sicheres Leben zulässt, werden wir bis auf Weiteres keine Abschiebungen nach Afghanistan durchführen.“

Auf Nachfrage habe sich ferner ergeben, dass die Wiederinbetriebnahme der Visastelle an der Botschaft Kabul „in absehbarer Zeit“ nicht in Sicht sei. Das dürfte sich weiter nicht nur erschwerend auf den Besuchsaustausch bei kulturellen und akademischem Austausch auswirken, sondern auch auf jene anerkannten Flüchtlinge, die einen Antrag auf Familienzusammenführung laufen haben. Um diese einzureichen und dann verschiedene Befragungen über sich ergehen zu lassen, müssen Afghanen nach Islamabad, Delhi oder Istanbul reisen.

Eine Zusammenfassung erster Anzeichen auf einen nächsten möglichen Abschiebeflug nach Kabul um den Feiertag am 3. Oktober 2018 hier.

Und hier, ab Minute 47:21, ein beredtes Filmdokument, mit welchem Interesse und Engagement Sprecher der Bundesregierung Fragen zu Afghanistan bearbeiten – von den Videobloggern von Jung&Naiv.

 

Im übrigen findet von 4.-10. Oktober 2018 die Europäische Aktionswoche gegen Afghanistan-Abschiebungen („Afghanistan is not safe – Don’t send Afghans back“) statt. Bitte beteiligt euch. Hier das Logo, das man ausdrucken und als Pin am Kragen tragen kann.