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Die gute Nachricht zuerst: Der widerrechtlich abgeschobene Afghane Nasibullah S. kann nach Deutschland zurückkehren. Er war am 3.7.18 trotz laufenden Verfahrens auf den berühmt-berüchtigten 69er-Flug nach Kabul gesetzt worden. Er durfte auch nicht mehr mit seiner Anwältin telefonieren. Laut ARD lief das so ab:

Nasibullah S. war am 3. Juli gemeinsam mit 68 anderen Afghanen nach Kabul abgeschoben worden.„Die Polizei kam in mein Zimmer“, erzählt er. „Ich sagte denen, ich habe aber demnächst einen Termin vor Gericht. Ich muss mit meiner Anwältin sprechen. Aber die Polizisten meinten: ‚Deine Anwältin kann dir in dem Fall auch nicht helfen'“.

Die Vorbereitungen für die Rückkehr sind abgeschlossen, am Donnerstag (8.8.) erhielt er sein Flugticket. Er soll am Sonntag in Deutschland eintreffen und wird zurück nach Neubrandenburg gebracht, wo er in einer Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber untergebracht war. Dann wird auch sein Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Greifswald fortgesetzt. Seine Anwältin Sonja Steffen, eine SPD-Bundestagsabgeordnete, sagte: „Wir erwarten die Gerichtsverhandlung Anfang September.“ Sie forderte zugleich mehr Sorgfalt von den Behörden: „Es geht um Menschen und es geht um Schicksale“, sagte sie.

Bundesinnenminister Horst Seehofer hatte eingeräumt, das ihm unterstellte BAMF habe Fehler gemacht. Das BAMF selbst räumte daraufhin „Verfahrensfehler“ ein. Wegen der Fehler muss das BAMF auch die Kosten für die Rückführung tragen.

Aber wir dürfen uns auch nicht drüber täuschen, dass es sich hierbei nur um eine positive Einzelnachricht handelt. Denn: So weit – nämlich zur Abschiebung bei noch laufendem Verfahren – hätte es nie kommen dürfen. Außerdem fällt auf, dass sich bei Abschiebefällen sogenannte „Kommunikationsprobleme“ zwischen deutschen Behörden in letzter Zeit häufen. Hier einige Fälle:

Die „Kommunikationsfehler“in diesen Fällen sind wohl auch Resultat des politischen Drucks aus Bayern und Berlin, insgesamt die Abschiebezahlen hochzutreiben.

 

Sogenannte Binnenfluchtalternative

Bemerkenswert an dem Fall Nasibullah S. ist auch, dass ein ursprünglicher Asylantrag mit Hinweis auf die sogenannte Binnenfluchtalternative abgelehnt wurde. Die ARD berichtete dazu (https://www.tagesschau.de/inland/abgeschobener-afghane-101.html):

In der Begründung hieß es, er müsse nicht in den gefährlichen Süden des Landes [seine Herkunftsregiob] zurückkehren, sondern könne auch in anderen Regionen Afghanistans leben, die ausreichend sicher seien.

Dass das Postulat der „Binnenfluchtalternative“ oft nicht zutrifft, geht im übrigen aus dem neuen Afghanistan-Lagebericht des Auswärtigen Amtes hervor. (Hier zu meiner Einschätzung dieses Berichts und der vom AA kürzlich teilweise freigegebenen Fassung.

 

Für kommenden Dienstag (14.8.) ist ein weiterer Abschiebeflug von München nach Kabul geplant. Die Behörden in München haben nach Angaben von Rechtsanwälten bereits mehrere ausreisepflichtige Männer in Abschiebehaft genommen, um sie von dort direkt zum Flieger zu bringen, so der Spiegel. (Mehr dazu hier und hier auf Afghanistan Zhaghdablai.)

 

Berichte zum Fall Nasibullah S. hier bei der ARD und im Spiegel.

 

Das Zitat in der Überschrift stammt im übrigen aus dem BR-Bericht zur Abschiebung des Uighuren. Es lautet im ganzen:

Der zum damaligen Zeitpunkt 22-jährige Mann hatte am 29. März 2018 beim Bundesamt für Migration (BAMF) einen Asylfolgeantrag gestellt und sollte diesen im Rahmen eines Anhörungstermins am 3. April 2018 begründen. Darüber informierte das Bundesamt die vor Ort zuständige Ausländerbehörde, das Kreisverwaltungsreferat (KVR) München, per Fax. 

Allerdings kam diese Nachricht im KVR nicht an, so Behördenchef Thomas Böhle: „Die haben eine Sendebestätigung, die kennen wir. Daher wissen wir auch genau, wann es abgesendet wurde. Daher wissen wir, wann es bei uns angekommen sein muss. Wir haben Listen, in denen das alles aufgenommen ist. Und da finden wir dieses Fax nicht.“